George Bingham (fl. 1702–1705)
English Airs, Band IV
für Altblockflöte und Basso continuo
Herausgegeben von Franz Müller-Busch
Generalbassaussetzung von Yo Hirano
Girolamo G 12.048, Partitur und 1 Stimme, € 19,00
ISMN 979-0-50084-076-3
VorwortIn den Jahren von 1702 bis 1705 erschienen bei den Verlegern Roger & Le Cene in Amsterdam vier Bände mit Airs Anglois, die Solostücke, Duos, Suitensätze und Sonaten verschiedener englischer Meister für die Blockflöte enthalten. Zwar nennt die Titelseite der Drucke für die Instrumentierung der Oberstimme(n) lediglich die allgemeine Bezeichnung dessus, jedoch wird dies in den Stimmen selbst und in den Verlagskatalogen mit Fluto bzw. pour la flute präzisiert. Herausgeber war ein gewisser George Bingham, der ebenfalls als Komponist den größten Teil der Suitensätze beitrug.
Die Bände erfreuten sich offenbar großer Beliebtheit, wurden sie doch auch von anderen Musikverlegern als Lizenzausgabe mit den Druckplatten von Roger & Le Cene veröffentlicht und tauchen sogar noch 1744 im Katalog von La Coste auf,1) dem Nachfolger von Roger & Le Cene. Aufgrund der insgesamt hohen Qualität der oft kurzen Sätze und einem Schwierigkeitsgrad von leicht bis relativ anspruchsvoll ist dies nicht verwunderlich.Über George Bingham sind bislang lediglich zwei Dinge bekannt:
1. Er war in London von ca. 1689–1695/96 Mitglied der Private Musick von König William III.2)
2. Er veröffentlichte zwischen 1702 und 1705 in Amsterdam vier Bände mit Airs anglois.3)
Weitere Umstände seines Lebens liegen im Dunkel.Ein großer Teil der in den vier Bänden enthaltenen Stücke stammt von Gottfried Finger, der bis 1701 ebenfalls als Musiker in London tätig war. Zwar arbeitete Finger ab 1702 wieder in Deutschland, seine Werke wurden jedoch überwiegend in Amsterdam gedruckt. So darf – sowohl aufgrund der musikalischen Arbeit beider Musiker in London als auch aufgrund der Verbindung zum selben Verleger in Amsterdam – angenommen werden, dass Bingham und Finger sich kannten und noch nach 1701 zusammenarbeiteten.
Möglicherweise lebte Bingham nach seinem Ausscheiden aus der königlichen Kapelle in Amsterdam und verdiente dort seinen Lebensunterhalt als Instrumentallehrer. Während der erste Band der Airs Anglois noch einem gewissen Pierre de Roode gewidmet ist, lautet die Widmung der folgenden Bände "Dedié a Messieurs ses Disciples", also "an die Herrschaften seine Schüler".Alle vier Bände wurden in Form von je zwei Stimmbüchern gedruckt. Die Bassstimme ist weitgehend unbeziffert. Lediglich der 2. Band zeigt eine reichere Bezifferung.
Als einziges Verzierungszeichen findet sich //, das üblicherweise "close shake" bedeutet und als normaler Triller auszuführen ist, beginnend mit der oberen Nebennote. Man sollte aber davon ausgehen, dass dieses Zeichen als generelles Verzierungszeichen verwendet wurde, also auch Mordent, Vorhalt (von oben oder unten) oder sogar Fingervibrato (open shake) bedeuten konnte.
In der vorliegenden Ausgabe wurden Druckfehler der Quelle und kompositorische Ungeschicklichkeiten wie z. B. Oktavparallelen korrigiert. Dies ist im Revisionsbericht dokumentiert. Die Setzung der Vorzeichen wurde der heute gängigen Praxis angepasst. Zusätze des Herausgebers erscheinen in Klammern, ergänzte Bindebögen sind durchbrochen notiert.
Eine Bassstimme für Violoncello oder Viola da Gamba steht bei Bedarf unter http://www.girolamo.de/Bingham4_Bass.pdf zum Download bereit.Der vorliegende 4. Band trägt den Titel
40 Airs Anglois
à un Dessus & une Basse
Composez par
Mr George Bingham
Livre Quatriéme
Dedié à
Messieurs ses Diciples
on a adjouté à ce livre une Chacconne de
Monsieur Finger
A Amsterdam
Chez Estienne Roger & Le Cene Libraire
No 214und wird unter der Signatur WQ 5529 im Brüsseler Conservatoire Royal aufbewahrt.
Eine tabellarische Darstellung aller in den vier Bänden enthaltenen Stücke finden Sie unter folgender Webadresse: http://www.girolamo.de/Bingham.pdf
Von den 174 Stücken stammen 75 von George Bingham selbst und 41 von Gottfried Finger. 31 sind ohne Nennung des Komponisten aufgenommen. Die restlichen 27 Stücke verteilen sich auf verschiedene Komponisten wie Jacques Paisible, Henry und Daniel Purcell, sowie William Williams, A. van Heerde und andere. Es ist sicher kein Zufall, dass Sätze in gleicher Tonart fast immer zu kleinen Suiten zusammengefasst sind.Celle, im April 2018, Franz Müller-Busch
1) Rudolf Rasch, The Music Publishing House of Estienne Roger and Michel-Charles Le Cène 1696–1743
(= My Work on the Internet, Volume Four), Catalogues in Facsimile: La Coste 1744
http://www.let.uu.nl/~Rudolf.Rasch/personal/Roger/Catalogues-LaCoste-1744.pdf
2) New Grove Dictionary of Music and Musicians, London 2001, Bd. 10, S. 165; Eintrag "Gorton, William"
3) Rudolf Rasch, The Music Publishing House of Estienne Roger and Michel-Charles Le Cène 1696–1743
(= My Work on the Internet, Volume Four), Part Two: Catalogues in Facsimile: Roger 1702–1705
http://www.let.uu.nl/~Rudolf.Rasch/personal/Roger/Catalogues-Roger-1702.pdf
http://www.let.uu.nl/~Rudolf.Rasch/personal/Roger//Catalogues-Roger-1703.pdf
http://www.let.uu.nl/~Rudolf.Rasch/personal/Roger//Catalogues-Roger-1704.pdf
http://www.let.uu.nl/~Rudolf.Rasch/personal/Roger//Catalogues-Roger-1705.pdf