Charles (François) Dieupart (nach 1667–ca. 1740)
Cinquième Suitte (F-Dur)
für Sopran- oder Tenorblockflöte (Violine, Flöte) und Basso continuo
Herausgegeben von Franz Müller-Busch
Generalbassaussetzung von Eckhart KuperGirolamo G 12.020, Partitur und 2 Stimmen, € 16,00
ISMN 979-0-50084-035-0
Vorwort
Die vorliegende fünfte Suite entstammt einem 1702 bei Estienne Roger in Amsterdam erschienenen Druck mit dem Titel:
Six / Suittes de Clavessin / … / Composées & Mises en Concert /
Par / Monsieur Dieupart / Pour un Violon & flûte avec une Basse / de Viole & un Archilut /
Dédiées à / Madame la Comtesse de Sandwich / …Ungewöhnlich und interessant ist hierbei, dass die Stücke tatsächlich beinahe gleichzeitig in einer Version für Cembalo solo (1701) sowie für ein Soloinstrument und Basso continuo (1702) erschienen.1) Obwohl im Wesentlichen gleich, sind doch Abweichungen zwischen beiden Fassungen zu vermerken. Neben kleineren harmonischen und melodischen Änderungen sind im Cembalopart eine Vielzahl von Verzierungszeichen vorhanden, die in der Violinstimme fast vollkommen fehlen. Hingegen ist die reichhaltige Bezifferung der Bassstimme in der Cembalostimme nicht enthalten.
Die fünfte Suite wurde in der Originaltonart F-Dur belassen, da sie für eine Sopran- oder Tenorblockflöte bereits in einer günstigen Lage steht. Dass diese Suite auch für Blockflöte komponiert ist, lässt sich anhand des Vermerks zu Beginn der Ouvertüre erkennen: „Diese Suite wird auf einer flûte du quatre in G gespielt.“ Natürlich gilt dies nur für die Flötenstimme, die auf einer flûte du quatre (einer Sopranblockflöte in B) weiterhin in F-Dur klingt.
Es ist davon auszugehen, dass Musiker in der damaligen Zeit mit den Verzierungen der französischen Musik vertraut waren, weshalb agréments in der Violinstimme weitgehend fehlen. Da sie jedoch ein wesentliches Stilmerkmal sind, erschien es uns sinnvoll, die in der Cembaloversion vorhandenen Verzierungen in die Neuausgabe mit hineinzunehmen. Ob sie – und in welchem Umfang – zu berücksichtigen sind, sei dem Geschmack der Ausführenden überlassen.
Zu beachten ist jedoch eine weitere wichtige Verzierung, die auf dem Cembalo nicht zu erzeugen ist und daher in der Cembalofassung nicht auftaucht: das Flattement. Dieses Fingervibrato sollte laut Hotteterres „Principes de la flûte“ in der Regel auf längeren Tönen angebracht werden.
Über Dieuparts Leben sind bislang nur wenige Details bekannt und gesichert. Geburts- und Todesjahr liegen völlig im Dunkeln und selbst über seinen Vornamen herrscht Ungewissheit. Während er sich selbst „Charles“ nannte war sein Taufname wohl „François“. Nachweisbar ist Dieupart zwischen 1703 und 1724 in London, wo er als Geiger, Cembalist und Komponist an einer Vielzahl von Opernaufführungen und Konzerten beteiligt war. Er bewegte sich dort in Gesellschaft so illustrer Musiker wie Fr. Geminiani, G. Bononcini, W. Croft, Th. Clayton oder J. Chr. Pepusch.
Freiburg, im August 2002, Franz Müller-Busch
1) Ein Faksimile-Reprint beider Quellen ist bei Mieroprint, Münster, erschienen.